TumorDiagnostik & Therapie 2014; 35(06): 326-330
DOI: 10.1055/s-0034-1369247
Schwerpunkt: Integrativmedizinische Therapie
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Übersicht – Komplementärmedizin bei der tumorassoziierten Fatigue

C. M. Witt
,
M. Horneber
,
M. Rostock
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
19. September 2014 (online)

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Viele Krebspatienten klagen über rasche Erschöpfung und Abgeschlagenheit, die bereits nach geringfügigen Belastungen auftreten und mit einem Schwere- und Schwächegefühl der Muskulatur verbunden sind. Häufig kommen empfundene Störungen der Konzentrationsfähigkeit und des Gedächtnisses sowie Gefühle der Lustlosigkeit und des verminderten Antriebs hinzu [1]. Wenn diese Beschwerden im Zusammenhang mit einer Krebserkrankung oder deren Therapie auftreten und nicht als Ausdruck einer anderen Erkrankung zu werten sind, werden sie als tumorassoziierte Fatigue bezeichnet (engl. cancer-related fatigue, CrF).

CrF hat nicht nur einen deutlichen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit der Betroffenen und ihre allgemeine Lebensqualität, sondern führt auch zu relevanten Kosten im Gesundheitssystem sowie Produktivitätsverlust durch Krankentage [2]. Bei mehr als 30% der Patienten tritt CrF in mittlerer bis starker Ausprägung innerhalb eines Jahres nach Diagnose auf. Bis zu 95% Patienten, die Radiotherapie oder Chemotherapie erhalten, leiden während oder direkt nach der Therapie an CrF [3]. Je stärker die Beschwerden bereits während der Tumorbehandlung sind, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie auch nach Abschluss der Behandlung weiter bestehen oder wieder auftreten [4], [5].

Die Ursachen der CrF sind komplex und multikausal. Beim einzelnen Patienten lassen sich auslösende, verstärkende und aufrechterhaltende Faktoren, die auf somatischer, emotionaler und kognitiver Ebene liegen können, kaum voneinander trennen [6]. Problematisch ist, dass die Beschwerden und Zeichen der CrF trotz ihrer Last für Tumorpatienten zu wenig systematisch erfragt werden. Mangelnde Zeit und fehlende Kenntnisse zur Diagnostik und zu Behandlungsmöglichkeiten sind wichtige Gründe dafür [7]. Liegen Symptome wie Abgeschlagenheit und Müdigkeit vor, ist es zum einen erforderlich, den Zusammenhang der Symptome mit depressiven Störungen zu klären. Zum anderen sollten behandelbare Einflussfaktoren wie Anämie, Störungen im Elektrolythaushalt, Malnutrition, Insomnie oder endokrinologische Störungen identifiziert werden. Die zentrale Rolle in der Diagnose nimmt dabei das anamnestische Gespräch ein [6]. Für weitergehende Informationen zur CrF darf auf zwei aktuelle Buchpublikationen verwiesen werden [8], [9].